So unglaublich schnell geht wieder ein Jahr vorüber.

Wenn ich daran denke, dass ich meine Diagnose bereits am 20.09.2019 erhalten hatte, frage ich mich, wo die Zeit nur geblieben ist, die Therapie erstreckte sich fast über das komplette Jahr 2020, von der Chemotherapie (Oktober – April) über die Operation am 06. Mai und Bestrahlung (Juni – August) bis zur abschließenden Reha im September, danach sollte eigentlich ein neues Leben beginnen, was allerdings noch etwas holprig startete und auf sich warten ließ, recht vielversprechend startete das Jahr mit der völlig überraschenden Gewissheit einer eigentlich fast unmöglichen Schwangerschaft, die gegen alle Vorhersagen der Ärzte nach der Chemotherapie unmöglich sein sollte, weshalb wir rückblickend eher fahrlässig nicht verhütet hatten, aber wofür auch, wenn ich doch eigentlich nicht schwanger werden konnte, doch ein Wunder geschah, allerdings stand auch diese Schwangerschaft von Anfang an unter keinen guten Stern, kein Wachstum, Unterversorgung und im 5. Monat auch kein Herzschlag mehr, eine Erfahrung, die ich ungern noch einmal durchleben möchte, gerade die körperliche Grenzerfahrung der Einleitung hatte die Chemotherapie noch einmal überstiegen, die Schwangerschaft ging völlig an mir vorbei, da ich es von Anfang an nicht bewußt gefühlt hatte, wahrscheinlich ein Eigenschutz nach der schwierigen Zeit davor, mir wurde ja auch immer wieder eingeredet, dass ich mir nicht zu große Hoffnung machen sollte, zusätzlich musste ich zwingend noch eine zweite Reha auf den steinigen Weg zur Umschulung absolvieren, die ich auf Grund der Risikoschwangerschaft sowieso nur spärlich nutzen konnte, der Kampf zog sich fast durch das komplette Jahr, ständige Rechtfertigungen vor der Rentenversicherung und der Arbeitsagentur brachten schließlich kurz vorm Ausbildungsstart im August die erlösende Zusage, 2022 kann also trotz doppeltem Lehrstoff zweier Ausbildungsjahre kaum anstrengender werden, denn diesmal ist das Ziel schon sichtbar.

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Meine Chemo-Mädels

Vor kurzem stand mal wieder eines unserer legendären Plaudertreffen an, ich muss eindeutig sagen, diese Truppe ist das Beste, was mir in diesem Moment passieren konnte, bei unserer wundervollen Chemo-Schwester Doreen sind wir bis heute als lauteste Truppe in Erinnerung geblieben und auch bei unseren Plaudertreffen fallen wir noch immer dadurch auf, denn unsere Chemo-Sitzungen waren immer die lustigsten, wir nannten Sie auch ganz unpassend Wellnesstage, dort in Hinblick auf die andere Zeit der Therapie war es für uns wie Wellness, in der Zeit wo die Medikamente in unseren Körper flossen entspannten wir auf unseren gemütlichen Liegen mit einer flauschigen Decke auf den Beinen, schnöckerten in Zeitschriften, die wir im Uhrzeigersinn weiter reichten, bekamen Tee und Cappuccino gereicht, zur Weihnachtszeit auch mal ein Eis oder Schokolade aus der Kantine nebenan, auch selbst gebackener Kuchen machte zwischendurch die Runde und vor allem wurde unglaublich viel geschnackt und gelacht, über Nebenwirkungen, über Alltagsprobleme, wir bekamen Tipps von den Schwestern an die Hand und wurden mit Pflegeprodukten und Medikamenten für eventuelle Nebenwirkungen versorgt, man fühlte sich einfach gut aufgehoben in dieser doch so schwierigen Zeit, in anderen Gruppen soll es wohl sehr ruhig zugegangen sein, die meisten sollen sogar durch die Medikamente geschlafen haben, das war bei uns eher selten und obwohl wir leider nicht den komplett gleichen Zyklus hatten und uns deshalb nicht zu jeder Chemo sehen konnten, entwickelte sich zwischen uns vieren eine innige Gemeinschaft auch über die Chemo hinaus, wir waren uns sogar einig, dass wir diese Zusammentreffen vermissen würden, doch Chemo wollten wir deshalb nicht mehr bekommen, wir nahmen uns also fest vor, diese Treffen auch zukünftig zu organisieren, als ich noch in der Chemotherapie steckte, waren die andere bereits zur Op, doch da alles in einem Krankenhaus stattfand, konnte ich nach der Chemogabe noch schnell eine Etage höher, um einen kurzen Besuch abzustatten, als ich wiederum nach der Op im Krankenhaus lag wurde mir von der Strahlentherapie aus von den anderen zugewunken, obwohl ich um einiges jünger bin als der Rest der Truppe, sind wir doch auf einer Wellenlänge und jedes Treffen ist immer wieder eine Bereicherung, wir haben einfach das Beste aus dieser Zeit rausgeholt und das wird uns für immer miteinander verbinden.

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Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere

Nach meiner Kündigung vor einer Woche war ich erst etwas frustriert über die unmenschliche Art meines ehemaligen Arbeitgebers, doch am Sonntag schrieb ich dann direkt voll motiviert eine neue Bewerbung, diesmal an einen Betrieb, den ich sowieso schon länger im Hinterkopf hatte, eigentlich lag dieser Betrieb unpraktischerweise nicht direkt am Wohnort, doch auch mein Freund pendelte bereits jeden Tag zu diesen Ort, weshalb wir in weiter Zukunft sowieso einen Umzug in diese Umgebung geplant hatten, ein großer Werbebanner an einer Kreuzung, an der ich viel zu oft an der Ampel stand, sprach mich jedesmal wieder aufs Neue an, noch dazu zeigten mir Facebook und Instagram jetzt plötzlich immer wieder neue Stellenanzeigen dieses Betriebes an, der zur Standorterweiterung nach neuen Mitarbeitern warb, eine Mitschülerin im 1. Lehrjahr berichtete mir bereits, dass Sie nur über Kontakte in diese Firma einsteigen konnte, denn eigentlich wollte der Chef nicht mehr selbst ausbilden, doch wie so oft in letzter Zeit, dachte ich mir mal wieder: „Der Versuch schadet ja nicht“, schon oft hatte mir gerade diese Einstellung kleine Wunder beschert, wie auch meine wundervolle Reha an der Ostsee, bei der selbst der Sozialdienst der Meinung war, dass ich es gar nicht erst probieren bräuchte, manchmal muss man einfach auf seine Intuition vertrauen und die ganzen kleinen Zeichen wahrnehmen und die Chance nutzen, was soll ich sagen, die Bewerbung ging am Sonntag erst spät abends raus, auf Grund von Internetproblemen und direkt am Montag vormittag hatte ich im Unterricht plötzlich einen Anruf auf dem Handy, in der Pause rief ich sofort zurück und ein mega sympathischer junger Chef war von meiner Bewerbung genauso begeistert, wie ich von seinen Betrieb, die Chemie stimmte auf anhieb, in der Bewerbung spielte ich auch direkt mit offenen Karten, meine Erkrankung, den Grund der Kündigung, aber auch die Leidenschaft zu diesen schon vor der Erkrankung aufgeflammten Berufswunsch, wir verabredeten uns direkt am nächsten Tag zu einen persönlichen Kennenlerngespräch und selbst dabei trübte die anfängliche Euphorie nichts, wir sprachen sehr direkt über meine Erkrankung, sogar über mein genetisches Risiko und die Vorsorge-Ops und trotzdem ließ er sich davon nicht abschrecken, ganz im Gegenteil, selbst bei meinen zusätzlichen Urlaubstagen auf Grund der Schwerbehinderung sah er das Positive, da er durch einen Behinderten im Unternehmen einen nicht unerheblichen Strafbeitrag einsparen würde, ich fand es nicht schlimm, dass auch er davon profitierte, er versprach mir direkt eine anschließende Übernahme und die Bezahlung meiner angestrebten Weiterqualifizierung, ich würde sagen, da hat sich doch die Kündigung als voller Gewinn herausgestellt und jetzt kann ich hoffentlich endlich ankommen und durchstarten und mich voll und ganz auf den ganzen Schulstoff konzentrieren, der dem Chemohirn ganz schön zusetzt, aber der Wille ist stärker als die Nebenwirkungen.

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